Viele Erwerbstätige müssen wegen der Corona-Pandemie, etwa durch Kurzarbeit, empfindliche Einbußen bei ihrem Einkommen hinnehmen. Doch schon vor der Krise schützte die Erwerbsarbeit nicht alle Beschäftigten vor Armutsgefährdung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aus Wiesbaden mitteilte, waren acht Prozent der Erwerbstätigen ab 18 Jahren im Jahr 2019 in Deutschland armutsgefährdet. Rund 3,1 Millionen Menschen mussten also trotz Arbeit mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) der Gesamtbevölkerung auskommen.
Die Armutsgefährdung von Erwerbstätigen ging damit im Vergleich zum Jahr 2018 um gut einen Prozentpunkt zurück: Damals hatte sie 9,1 Prozent betragen. Der Rückgang fiel deutlicher aus als im Durchschnitt der EU-27: Hier sank der Anteil von 9,3 Prozent auf exakt neun Prozent. Insgesamt waren Erwerbstätige hierzulande also etwas seltener armutsgefährdet als im EU-Durchschnitt. In Rumänien waren Erwerbstätige mit einem Anteil von 15,7 Prozent EU-weit am häufigsten von Armut bedroht, in Finnland (2,9 Prozent) am seltensten.
Erwerbstätige in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen waren in Deutschland überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht. Dazu zählen etwa Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverträgen – hier betrug der Anteil der von Armut Bedrohten 15,8 Prozent. Bei Teilzeitbeschäftigten lag er mit 12,8 Prozent ebenfalls deutlich über dem Gesamtdurchschnitt.
Unter anderem könnte auch die sinkende Zahl atypischer Beschäftigungen zum Rückgang der Armutsgefährdung im Jahr 2019 in Deutschland beigetragen haben. Ihren Höchststand erreichten atypische Beschäftigungen im Jahr 2010: Acht Millionen Menschen waren zu diesem Zeitpunkt in solchen Beschäftigungsformen gebunden. Ihre Zahl verringerte sich bis 2019 um rund acht Prozent auf 7,3 Millionen.
Befristete Arbeitsverträge – das waren 2019 2,3 Millionen – und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse – das waren 2019 zwei Millionen – gingen in diesem Zeitraum jeweils um rund 20 Prozent zurück. Die Zahl der Menschen in Teilzeitarbeit sank um sechs Prozent auf rund 4,7 Millionen. Nur Zeitarbeitsverträge (Arbeitnehmerüberlassung) nahmen in dem genannten Zeitraum um 15 Prozent zu auf 850.000 im Jahr 2019. Nachdem im Jahr 2017 diesbezüglich ein Höchststand mit 930.000 Personen registriert wurde, sank die Zahl der Menschen mit einem Zeitarbeitsvertrag aber zuletzt ebenfalls.
15,4 Prozent der Menschen ab 65 Jahren fielen trotz Erwerbsarbeit, mit der sie etwa ihre Rente aufbessern, unter die Armutsgefährdungsgrenze. Auch junge Erwerbstätige im Alter von 18 bis 24 Jahren, die häufig gerade erst dabei sind, beruflich Fuß zu fassen, waren mit 10,1 Prozent überdurchschnittlich häufig betroffen. Darüber hinaus waren alleinlebende Erwerbstätige mit einem Anteil von 13,5 Prozent vermehrt armutsgefährdet. Besonders hart traf es Alleinerziehende: Mehr als jede oder jeder fünfte erwerbstätige Alleinerziehende und somit 22,3 Prozent war 2019 armutsgefährdet.
Der Bildungsabschluss trägt besonders stark dazu bei, ob Menschen von ihrer Erwerbsarbeit gut leben können oder nicht. Je höher der erworbene Abschluss, desto besser stehen hierfür die Chancen. Erwerbstätige, die keinen Schulabschluss, einen Hauptschulabschluss oder einen Realschulabschluss aufwiesen (in der international gültigen Bildungsklassifikation ISCED die Level 0-2) waren hierzulande anteilig mehr als doppelt so oft mit 18,3 Prozent armutsgefährdet wie der Durchschnitt.
Der Besuch der gymnasialen Oberstufe, berufsbildender oder Weiterbildungsschulen für Erwachsene (ISCED Level 3-4) senkte das Armutsgefährdungsrisiko auf den allgemeinen Durchschnitt von acht Prozent. Mit bestandenem Abitur oder einem anderen Abschluss, der zu einem Studium an Universitäten berechtigt (ISCED Level 5-8), sank die Armutsgefährdungsquote dagegen anteilig fast auf die Hälfte (4,6 Prozent) des Durchschnitts.