Ausbildungsmarkt kriselt in der Pandemie heftig

Duisburg, 16. Dezember 2020

Der deutsche Ausbildungsmarkt musste im Zuge der Corona-Pandemie und ihrer Bekämpfung erhebliche Einbußen verkraften: So sank das Ausbildungsangebot im laufenden Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr 2019 um 50.700 Plätze beziehungsweise 8,8 Prozent auf 527.400 Stellen, und die Zahl der jungen Menschen, die eine Ausbildungsstelle nachfragten, verringerte sich um rund 53.000 beziehungsweise 8,9 Prozent auf 545.700, wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) mitteilte. Zudem nahmen pandemiebedingt die Schwierigkeiten zu, das Ausbildungsangebot der Betriebe und die Nachfrage der Jugendlichen zusammenzuführen.

Ausbildungsmessen, Jobbörsen und Betriebspraktika konnten in den meisten Regionen nicht stattfinden. Im Ergebnis waren auch deshalb 59.900 beziehungsweise 11,7 Prozent der betrieblichen Ausbildungsplatzangebote zum Stichtag 30. September 2020 immer noch nicht besetzt, im Vorjahr 2019 waren es 53.100 beziehungsweise 9,4 Prozent und 78.200 Bewerber/-innen , was 14,3 Prozent der Nachfrage entspricht befanden sich weiterhin auf der Suche – im Vergleich im Vorjahr 2019 waren es 73.700 beziehungsweise 12,3 Prozent.

Infolge des sinkenden Angebots und der Nachfrage sowie der zunehmenden Passungsprobleme fiel die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 57.600 beziehungsweise elf Prozent niedriger aus als noch im Vergleich zum Vorjahr 2019. Mit nunmehr 467.500 lag sie in Deutschland erstmals unter 500.000, 2019 waren es noch 525.000.

Die Schrumpfung des Ausbildungsmarktes ist allerdings nicht ausschließlich auf das Geschehen rund um die Pandemie zurückzuführen. Denn bereits zuvor war unter anderem als Folge sinkender Schulabgängerzahlen mit einem tendenziellen Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um mehr als 10.100 gerechnet worden. Die Differenz zwischen diesem Wert und dem tatsächlichen Rückgang in Höhe von knapp 57.600 liefert somit eine erste grobe Schätzung, in welchem Ausmaß die Pandemie den Ausbildungsmarkt beeinträchtigte. Demnach wäre der Rückgang von rund 47.400 Verträgen dem Krisengeschehen 2020 zuzuschreiben.

Besonders hohe Rückgänge wurden von den zuständigen Stellen in Industrie und Handel registriert, mit einem Minus von 13,9 Prozent. Von den größeren Ausbildungsberufen waren unter anderem stark betroffen:  Tourismuskaufmann/-frau ein Rückgang von 58,8 Prozent, Veranstaltungskaufmann/-frau , ein Minus um 36,2 Prozent, Hotelfachmann/-frau ein Defizit von 29,9 Prozent, Fachkraft im Gastgewerbe eine Einbuße um 24 Prozent, Restaurantfachmann/-frau ein Schwund von 22,3 Prozent, Koch/Köchin ein Lücke von 21,3 Prozent, aber auch Berufe wie Technische/-r Produktdesigner/-in mit einem Rückgang um 28 Prozent, Werkzeugmechaniker/-in ein Aderlass von 25,5 Prozent oder Mediengestalter/-in Digital und Print eine Einbuße von 23,5 Prozent.

Im Handwerk fiel der Rückgang mit insgesamt -7,5 Prozent moderater aus. Berufe wie Maurer/-in, Dachdecker/-in, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/-in, Zimmerer/Zimmerin oder Zweiradmechatroniker/-in konnten sogar ein Plus erzielen.

Moderat war der Verlust auch im Öffentlichen Dienst mit einem Minus von 2,9 Prozent. Der Vertragsrückgang in den Freien Berufen betrug -8,4 Prozent, und im relativ kleinen Zuständigkeitsbereich Hauswirtschaft lag er bei -10,4 Prozent. Allein in der Landwirtschaft konnte ein Vertragszuwachs von +0,9 Prozent erzielt werden, so zum Beispiel in den Berufen Gärtner/-in, Forstwirt/-in oder Pferdewirt/-in.

„Denn die Finanzkrise 2008/2009 hat bereits gezeigt, dass eine einmal erfolgte Abkehr vom dualen Ausbildungssystem nur unter größten Anstrengungen wieder umzukehren ist. Zwar hat die Corona-Pandemie dem Ansehen des dualen Systems nicht geschadet, da viele system- und versorgungsrelevante Berufe hier ausgebildet werden. Die Motivation zur Ausbildungsteilnahme hängt aber nicht nur von deren Attraktivität ab, sondern auch von der Erwartung, die Ausbildung frei von größeren Störungen, Einschränkungen oder gar Existenzsorgen erfolgreich durchlaufen zu können. Dies trifft auf die Betriebe ebenso zu wie auf die jungen Menschen. Es muss daher alles dafür getan werden, dass sich die im Zusammenhang mit der Pandemie entstandene Verunsicherung nicht chronisch verfestigt. Das laufende Ausbildungs- und Vermittlungsjahr wird allein schon deshalb erneut äußerst schwierig werden“, fasste BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser aus seiner Sicht die Situation zusammen.