Ausbildungsreport 2020 der DGB-Jugend

Duisburg, 21. September 2020

„Eine gute Ausbildung ist und bleibt das Fundament für einen erfolgreichen Start in das Berufsleben. Wer Fachkräfte braucht, muss ausbilden. Das gilt auch und gerade in Krisenzeiten, wie wir sie aktuell haben“, führte DGB-Vize Elke Hannack den Ausbildungsreports 2020 an. Das gilt auch in Zeiten von Corona. Die Corona-Pandemie zeige aber ihre Auswirkungen auch auf dem Ausbildungsmarkt.

Eine aktuelle Szenarien-Analyse des Bundesinstituts für Berufliche Bildung zeige die Tendenz, die zu erwarten ist. Demnach könnte die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Jahr 2020 auf bis zu 456.000 absinken. Zum Vergleich 2009 waren es dagegen noch 564.307 Ausbildungsverträge.

Zum einen halten sich die Unternehmen zurück. Zum anderen ist die Nachfrage bei den Jugendlichen aber auch geringer. Eine Ursache dafür ist die derzeit eingeschränkte Berufsberatung der Arbeitsagenturen, die nicht wie üblich an den Schulen stattfindet. Potenziell ausbildungsinteressierte junge Menschen erhalten damit nicht die Unterstützung bei der beruflichen Orientierung und Berufswahl, die sie benötigen.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Zufriedenheit: Insgesamt waren 71,3 Prozent der befragten Auszubildenden mit ihrer Ausbildung „(sehr) zufrieden“. Diese Zahl darf aber nicht über die massiven Probleme in der dualen Berufsausbildung hinwegtäuschen.
  • – Perspektive: Fast 40 Prozent (39,1 Prozent) der Auszubildenden wissen selbst im letzten Ausbildungsjahr noch immer nicht, ob sie von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen werden. Von den Auszubildenden
    im dritten Ausbildungsjahr, die bereits wussten, dass sie nicht übernommen werden, hatten lediglich 14,4 Prozent eine Zusage für eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb. Die Chancen auf eine
    Übernahme hängen stark vom jeweiligen Ausbildungsberuf ab. Ungeachtet des Ausbildungsjahres konnten sich der Übernahme sicher sein: 71,7 Prozent der Verwaltungsfachangestellten, 61,3 Prozent
    der Mechatroniker_innen, aber nur knapp ein Fünftel der Friseure_innen (20,2 Prozent), 24,5 Prozent der Verkäufer_innen und 26,1 Prozent unter den Hotelfachleuten.
  • -Befristung: Auszubildende mit Übernahmezusage werden zu knapp 30 Prozent nur zeitlich befristet eingestellt, zumeist bis höchstens ein Jahr.
  • – Jugendarbeitsschutz: Obwohl es Auszubildenden unter 18 Jahren verboten ist, mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, muss dies jeder zehnte Jugendliche (10,4 Prozent) in dem Alter trotzdem tun.
  • -Belastung: Knapp ein Viertel der Auszubildenden (24,7 %) kann sich nach der Ausbildung nicht mehr richtig erholen. Eine Berufsausbildung darf aber nicht zu Überlastungssymptomen führen, die krank
    machen können.
  • -Betrieblicher Ausbildungsplan: Mehr als ein Drittel der Auszubildenden (34,4 %) hat keinen betrieblichen Ausbildungsplan obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist. Somit wissen diese Auszubildenden nicht, wie ihre Ausbildung ablaufen soll und was die Lerninhalte sind.
  • -Ausbildungsfremde Tätigkeiten: Jede_r achte Befragte (12,1 %) muss „immer“ oder „häufig“ ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen, die nicht Bestandteil der Ausbildung sind und nicht dem Lernerfolg dienen. Solche Tätigkeiten sind nach § 14 Berufsbildungsgesetz verboten.
  • -Weiterempfehlen der Ausbildung: Fast jede_r sechste Auszubildende (16,2 %) würde die Ausbildung in ihrem_seinen Ausbildungsbetrieb nicht weiterempfehlen. Auffällig ist, dass die Begeisterung vieler Auszubildender im Laufe der Ausbildung abnimmt. Während im ersten
    Ausbildungsjahr noch fast 71 Prozent (70,6 Prozent) ihre Ausbildung weiterempfehlen würden, sind es im letzten Ausbildungsjahr nur knapp über die Hälfte (51,9 Prozent).
  • -Qualität in der Berufsschule: Nur etwas mehr als die Hälfte der Auszubildenden (56,6 %) findet, dass die fachliche Qualität des Berufsschulunterrichts „sehr gut“ oder „gut“ ist.
  • -Ausbildungsvergütung: 836 Euro beträgt die durchschnittliche Vergütung der befragten Auszubildenden über alle Ausbildungsjahre, Berufe und das Geschlecht hinweg. Sie liegt damit mehr als 100 EUR unter dem Durchschnitt der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 941 Euro.
  • -Finanzielle Situation: Fast 60 Prozent der Auszubildenden (57,1 %) können „weniger gut“ oder „gar nicht“ selbstständig von ihrer Vergütung leben. Knapp die Hälfte der Auszubildenden (49,1 Prozent) erhält zusätzliche finanzielle Unterstützung.
  • -Wohnsituation: Zwei Drittel der Befragten (65,4 Prozent) äußern den Wunsch, in einer eigenen Wohnung zu leben wollen. Nur knapp ein Viertel (26,6 Prozent) der Auszubildenden lebt in einer eigenen Wohnung.
  • -Azubi-Ticket: Etwa drei Viertel der Befragten (74,1 Prozent) haben grundsätzliches Interesse an einem kostenlosen bzw. kostengünstigen Azubi-Ticket für den öffentlichen Personen- und Nahverkehr, wenn sie damit ihren Betrieb und ihre Berufsschule erreichen und in ihrer Freizeit unterwegs sein könnten.
  • -Erreichbarkeit der Ausbildungsstätten mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Knapp über ein Drittel der Auszubildenden (34,6 Prozent) kann den Betrieb „weniger gut“ oder „gar nicht“ mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Für den Weg zur Berufsschulen trifft das auf fast jede_n Fünfte_n der befragten Auszubildenden (18,8 Prozent) zu.