Jedes vierte Ausbildungsunternehmen stellt im Corona-Jahr 2020 weniger Azubis ein

Duisburg, 28. Mai 2021

Die Corona-Krise hat der Ausbildungsaktivität des Mittelstands und damit den beruflichen Einstiegsmöglichkeiten junger Menschen in Deutschland einen kräftigen Dämpfer verpasst. Einer Sondererhebung im repräsentativen KfW-Mittelstandspanel aus Frankfurt zufolge hat im vergangenen Jahr jedes vierte 26 Prozent ausbildende mittelständische Unternehmen aufgrund der Krise weniger neue Lehrlinge eingestellt als ursprünglich geplant. Bei 71 Prozent hatte die Krise keine Auswirkungen auf die Anzahl neuer Azubis, nur drei Prozent haben ihre Ausbildungsaktivität ausgeweitet.

Die Ausbildungsaktivität der Unternehmen hängt davon ab, wie sehr sie die Folgen der Corona-Krise spüren. Zum Zeitpunkt der Befragung Ende Januar 2021 waren zwei Drittel demnach 67 Prozent der ausbildenden Firmen unmittelbar von der Krise betroffen, z.B. durch Umsatzeinbußen oder Liquiditätsengpässe. Von diesen Unternehmen haben 32 Prozent im Jahr 2020 weniger Azubis eingestellt als zuvor geplant. Die Ausbildungsunternehmen, die sich sogar in ihrer Existenz bedroht fühlen mit 21 Prozent, haben die Zahl neuer Lehrlinge noch häufiger wegen der Krise verringert: Jedes zweite von ihnen 51 Prozent hat die Ausbildungsaktivitäten eingeschränkt. Doch auch viele nicht direkt von der Krise betroffene Ausbildungsunternehmen haben weniger Azubis eingestellt: Mit 15 Prozent ist der Anteil hier zwar deutlich kleiner – aber ebenfalls signifikant.

Die reduzierte Ausbildungsaktivität im Mittelstand ist der wesentliche Treiber der kürzlich vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Zahlen für Deutschland insgesamt. Kleine und mittlere Unternehmen stemmen nämlich traditionell den Großteil der beruflichen Ausbildung in Deutschland, sie beschäftigen ca. 90 Prozent aller Azubis. Die Anzahl aller neuen Ausbildungsverträge (d.h. Ausbildung in Mittelstand, Großunternehmen und im öffentlichen Dienst) ist 2020 gegenüber dem Vorjahr um 9,4 Prozent auf 465.200 gesunken und damit erheblich stärker als im langfristigen Trend.

Rückläufige Schülerzahlen und steigende Studierneigung hatten vor der Krise jährliche Rückgänge um ca. ein Prozent bewirkt. Bei der Ausbildungsaktivität des Mittelstands ist die Rückkehr zum Vorkrisenniveau kurzfristig nicht absehbar. Die Sonderbefragung von KfW Research dämpft die Hoffnung auf eine schnelle Erholung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2021. Sowohl im ersten als auch im zweiten Halbjahr 2021 rechnen weiterhin 26 Prozent der Ausbildungsunternehmen damit, weniger Azubis einzustellen, als es ohne Corona-Krise der Fall wäre.

„Die Unterschrift auf einem Ausbildungsvertrag bedeutet langfristige Verantwortung für die wichtige Erstausbildung eines jungen Menschen. Viele Mittelständler kämpfen nach wie vor mit den Krisenfolgen und leiden unter der noch immer unsicheren Lage – sie bleiben daher bei der Einstellung von Azubis zurückhaltend“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Sowohl für die Zukunft der durch die Krise ausgebremsten Schulabsolventen als auch für die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen ist es jedoch wichtig, die nicht zustande gekommenen Ausbildungsverhältnisse möglichst schnell nachzuholen.“ Ein gutes Zeichen ist, dass seit mittlerweile drei Monaten immer mehr Unternehmen zuversichtlich in die Zukunft blicken. „Das KfW-ifo-Mittelstandsbarometer ist im April zum dritten Mal in Folge gestiegen – die Hoffnung auf einen Wirtschaftsaufschwung in der zweiten Jahreshälfte wächst. Das ist auch eine gute Nachricht für die Bildungschancen zehntausender potenzieller Azubis.“