Duisburg, 20. April 2015
Drastischer könnte man es wohl kaum formulieren: Eine grundsätzliche Reform des deutschen Bildungssystem muss schnellstens her. Gründe dafür liegen auf der Hand: Viel zu viele Jugendliche haben keinen Berufsabschluss, die Nachfrage nach Fachkräften wird nicht durch das deutsche Bildungssystem bedient. Es droht zudem ein Anwachsen der Langzeitarbeitslosigkeit.
Der deutsche Arbeitsmarktforscher Prof. Dr. Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) fordert von Politik und Wirtschaft ein schnelles Umdenken, bzw. eine präventive Bildungspolitik. Ansonsten wird die Zahl der Langzeitarbeitslosen nach Meinung Boschs erheblich steigen.
Bosch lässt seine Aussage belegen durch die Tatsache, dass das Bundesinstitut für berufliche Bildung (BiBB) und das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) festgestellt haben, dass es im Jahr 2025 rund 1,3 Millionen mehr gering Qualifizierte geben wird, als die Wirtschaft einsetzen kann. Schon seit rund 20 Jahren liegt deren Arbeitslosenquote über 20 Prozent.
Desweiteren wurde der wachsende Niedriglohnsektor in Deutschland nicht zum erhofften Auffangbecken einfacher Arbeit. Denn inzwischen sind 75,4 Prozent der Niedriglöhner qualifiziert, davon haben 66,8 Prozent eine berufliche oder sogar wie 8,6 Prozent eine akademische Ausbildung. Auch der Beschäftigungsaufschwung der letzten Jahre ist an den gering Qualifizierten fast spurlos verbeigegangen.
Der wichtigste Trend ist die sinkende Nachfrage nach einfacher Arbeit, stattdessen sind zunehmend beruflich und akademisch ausgebildete Fachkräfte gefragt. Auf dem Dresdener Bildungsgipfel 2008 strebten die Regierungschefs das anspruchsvolle Ziel an, den Anteil der jungen Erwachsenen (20- bis 29-Jährige) ohne Berufsabschluss bis 2015 von rund 17 Prozent auf 8,5 Prozent zu halbieren.
Ziel verfehlt: 2013 hatten immer noch rund 1,4 Millionen junge Menschen ? 13,8 Prozent ? keinen Berufsabschluss und waren auch nicht dabei, einen zu erwerben. Während sich so Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt, droht auf der anderen Seite Fachkräftemangel.