Duisburg, 11. Oktober 2012
Erich Staake, der Vorstandschef des
Duisburger Hafens, hat auf dem ehemaligen Gelände des Krupp-Stahlwerks den Duisburger Hafen massiv ausgebaut. Im Ruhrgebiet, wo im Durchschnitt elf Prozent arbeitslos sind, – in Duisburg aktuell 12,4 Prozent – verdoppelte der
Unternehmer die Arbeitsplätze im Hafen.
Die Deutsche Verkehrs Zeitung (DVZ) hat mit Erich Staake ein ausführliches Interview zur aktuellen Situation des Logistikstandortes Duisburger Hafen geführt.
In Auszügen veröffentlichen wir das Interview. Das vollständige Interview finden sie bei der DVZ, wenn sie folgenden Link in ihren Browser eingeben:
http://www.dvz.de/rubriken/logistik-verlader/single-view/nachricht/-f3847415b4.html
„Was macht aus Ihrer Sicht den Logistikstandort Nordrhein-Westfalen attraktiv, Herr Stake?“
„Die Rhein-Ruhr-Region ist nach wie vor das größte Industrie-Cluster in Europa. Zudem ist Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsreichste Bundesland und verfügt damit über eine enorme Binnennachfrage. Auch die sehr engmaschige Verkehrsinfrastruktur, die bei allen Defiziten immer noch die Basis für die Logistikwirtschaft des Landes bildet, bietet Vorteile.“
„Was ist das Besondere an Duisburg?“
„Der Rhein ist schon vor 100 Jahren durch Duisburg geflossen, das ist es nicht. Wir haben Ende der 90er Jahre damit begonnen, hier eines der führenden Hinterlandhubs zu positionieren. In Duisburg findet nicht nur die Ver- und Entsorgungsfunktion für die Rhein-Ruhr-Region statt, vielmehr ist es eine Drehscheibe für internationale Verkehre. Das konnten wir nur erreichen, indem wir seit rund 14 Jahren überproportional in unsere eigene intermodale Infrastruktur investieren. Der Duisburger Hafen hat heute rund 80 ha gemischte Containerterminalflächen und wir werden das weiter ausbauen. Unsere breite Aufstellung hat sich im Krisenjahr 2009 bewährt, in dem die Containerverkehre bei den Seehäfen stark einbrachen. Wir haben nur drei Prozent verloren. Das liegt daran, dass das Aufkommen hier aus unterschiedlichen Quellen generiert wird. Zum einen die maritime Ladung, dann die kontinentale Ladung und als letztes unsere Warehouse-Kapazitäten. Ende des Jahres liegen wir bei knapp zwei Mio. m2 Hallenflächen.“
„Wie international beziehungsweise regional sind Sie als Unternehmen?“
„Wir stehen zu unseren Wurzeln, also der Stadt Duisburg und insbesondere zum Ruhrgebiet. Wenngleich der Hafen heute nicht mehr der Montanhafen der Region ist, einfach weil die Montanindustrie keine Wachstumsperspektiven mehr aufzeigt, sind Stahl und Kohle nach wie vor bedeutende Gütersegmente im Hafen. Aber der enorme Aufschwung der Logistikwirtschaft in den letzten zehn Jahren beruht auf der Globalisierung und den weltweiten Containerströmen. Diese Geschäfte werden insbesondere mit den Schwellenländern abgewickelt. Deshalb haben wir als Unternehmen einen internationalen Anspruch. In China sind wir bereits vertreten und in Indien werden wir dieses Jahr mit eigenen Aktivitäten beginnen. Auch Brasilien steht auf der Tagesordnung.“
„Was hat sich gewandelt?“
„Was Duisburg betrifft, so hat insbesondere der damalige Ministerpräsident des Landes einen Unternehmer gesucht. Unternehmerisch tätig zu sein, entspricht meinem Selbstverständnis. Damals wurde mir ein Unternehmen anvertraut, das in einem schlechten Zustand war. Dieses sollte nun eine Jahrhundertaufgabe erfüllen, das Krupp-Gelände entwickeln und vor allem Arbeitsplätze schaffen. In meiner Zeit als Vorstandsvorsitzender sind dann aus 20.000 inzwischen 40.000 hafenabhängige Arbeitsplätze geworden. Darüber hinaus haben wir die Ertragskraft kontinuierlich steigern können und 500 Mio. EUR in die Infrastruktur investiert. Im Übrigen: Der Hafen zahlt seinen Gesellschaftern inzwischen eine gute Dividende. Sie haben damals mit Logport ein großes Infrastrukturprojekt angestoßen.“
„War die Schwäche der Industrie eine Stärke des Standorts?“
„Sie hatten Flächen zur Verfügung. Flächen standen überall in ganz Deutschland ausreichend zur Verfügung. Entscheidend für eine erfolgreiche Vermarktung ist ein überzeugendes Logistikkonzept. Im Duisburger Hafen haben wir nicht nur 300 ha auf Logport I und II, sondern weitere 150 ha im traditionellen Hafenbereich vermarktet, circa 35 ha pro Jahr im Durchschnitt. In den 80er Jahren waren es keine 5 ha pro Jahr. Dabei waren Flächen auch damals im Überfluss vorhanden. In anderen Ballungsräumen ist der Raum so knapp, dass es offene Konkurrenz gibt zwischen Logistikansiedlungen und Wohnraum. In dem einen oder anderen Fall gibt es natürlich einen Zielkonflikt, aber dort werden wir Antworten finden. Auch der Duisburger Hafen liegt mitten in der Stadt, also konnten wir Erfahrung sammeln. Der entscheidende Punkt ist, dass wir über wertschöpfende Logistik sprechen. Wir versprechen und schaffen Arbeitsplätze. Und das Ruhrgebiet hat nach wie vor eine viel zu hohe Arbeitslosenquote. Im Übrigen wird die Vermarktung gerade im Zusammenhang mit Logport Ruhr auf keinen Fall beschränkt sein auf Logistikdienstleister, sondern wir werden versuchen, Industrieunternehmen zu gewinnen. Gerade verhandeln wir mit einem namhaften Automobilunternehmen.“
„Sie haben Ausbildung angesprochen. Eines der beherrchenden Themen ist der Fachkräftemangel. Spüren Sie bereits die Folgen?“
„Ja, durchaus. Logistik ist ein abstrakter Begriff. Viele Menschen können damit wenig anfangen und kommen deshalb erst gar nicht auf die Idee, einen Beruf in der Logistikwirtschaft anzustreben. Zusätzlich kämpfen wir mit anderen Branchen um die besten Köpfe, etwa in der IT. Kontraktlogistik ohne IT geht nicht, etwa ein Drittel der Beschäftigten arbeitet in der IT-Abteilung. Da fehlen uns Leute. Die Konkurrenz ist groß… – und in der Logistik wird oft weniger bezahlt als in anderen Branchen. Deshalb müssen wir werben und frühzeitig auf die jungen Menschen zugehen. Dabei ist es wichtig, dass wir uns nicht nur auf die Hochqualifizierten fokussieren. Angefangen bei den Schulabbrechern müssen wir versuchen, für alle potenziellen Arbeitskräfte Angebote zu schaffen. Von der Lagerlogistik bis hin zu den akademischen Ausbildungsberufen.“
„Blickt die Politik zu oft durch die nationale Brille und sieht nur die deutschen Seehäfen?“
„Kirchturmdenken ist wirklich nicht angebracht. Wir müssen uns in Europa als einen gemeinsamen Markt begreifen und entsprechend handeln. Das Argument, dass es Rotterdam stärkt statt Hamburg, wenn Duisburg mehr Geld bekommt, ist unsinnig. Logistik ist internationales Netzwerk, am Ende wird sich der durchsetzen, der den besten Job macht.“
„Glauben Sie noch an die offiziellen Wachstumszahlen des Bundes, die einen Zuwachs des Güterverkehrs bis 2025 um bis zu 80 Prozent vorhersagen?“
„Diese Zahlen sind überholt. Und meine Aussage ist nicht nur der aktuellen Eurokrise geschuldet. Wir erleben gerade auf internationaler Ebene, dass sich das Wachstum in China normalisiert. Das gilt ebenso für andere Regionen, die in der Vergangenheit überproportional gewachsen sind. Die Globalisierung ist mit Blick auf Arbeitsteilung vielleicht noch nicht abgeschlossen, aber die großen Verschiebungen haben wir hinter uns. Wachstumsraten von durchschnittlich drei bis fünf Prozent sind wohl realistisch. Alles andere wäre Wunschdenken und würde zwangsläufig zu Fehlentwicklungen bei Infrastrukturinvestitionen im Hafenbereich führen.“