Mindestlohn nicht für alle Arbeitnehmer

Duisburg, 07. Dezember 2017

Duisburg, 12. Dezember 2017

Der Mindestlohn ist gesetzlich geregelt, doch noch lange nicht alle bekommen ihn, auch wenn darauf Anspruch besteht. Insgesamt sind es rund 4,4 Millionen Menschen in Deutschland die 2016 sogar unter der Marke von 8,50 Euro brutto pro Stunde entlohnt wurden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Potsdam. 

Vor allem Mini-JobberInnen und Beschäftigte in kleinen Firmen sind davon besonders betroffen. Die Autoren der Studie sehen dringenden Handlungsbedarf bei den Kontroll- und Sanktionsmechanismen zum Mindestlohn sowie bei der Aufzeichnung der Arbeitszeiten.

Ein deutliches Resutat der Studie ist aber auch die Tatsache, dass der Mindestlohn insgesamt zu einer starken Steigerung niedriger Löhne geführt hat. Im untersten Lohnbereich sind die Einkommen zwischen 2014 und 2016 dabei um rund 15 Prozent gestiegen.

Zwischen 1,8 Millionen und 2,6 Millionen Mindestlohnberechtigte arbeitetet im vergangenen Jahr laut der Studie unter der Mindestlohngrenze. Selbstständige, Auszbildende sowie  Beschäftigte in den Branchen, in denen längere Übergangsfristen verabredet wurden, sind in dieser Zahl nicht berücksichtigt. Wenn man die Zahlen allerdings mit denen von 2014, also vor Einführung des Mindestlohn vergleicht, sind es rund eine Millionen Beschäftigte die positiv vom Mindestlohn profitieren.

Die Studienautorin Alexandra Fedorets stellte fest: „Ergebnisse der Zollkontrollen und zahlreiche Medienberichte weisen auf Umgehungsstrategien durch intransparente oder inoffizielle Arbeitszeitvereinbarungen hin.Die Einführung des Mindestlohns hat insofern eins ihrer Ziele erreicht, als das sie den niedrigen Löhnen einen starken Schub gegeben hat. Jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass der Mindestlohn tatsächlich alle erreicht, denen er laut Gesetz auch zusteht“.

Marco Caliendo von der Universität Potsdam ergänzte: „Auffällig ist, dass einige Gruppen von Beschäftigten, die unter dem gesetzlichen Mindestlohnniveau entgolten werden, besonders betroffen sind: Das trifft auf Mini-Jobber, Beschäftigte in kleinen Firmen und Ausländerinnen und Ausländer zu. Auch sind Frauen stärker betroffen als Männer und Beschäftigte im Osten stärker als im Westen“.     

Mindestlohn versus Tarifverdienst

Duisburg, 28. August 2017

Duisburg, 26. September 2017

Der Mindestlohn hat für viele Beschäftigte in den meisten Branchen positive Auswirkungen gehabt, allerdings nicht in allen. Der Abstand zwischen den niedrigsten und den höchsten Verdienstgruppen ist in Tarifverträgen ab Dezember 2014 und damit vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und Juni 2017 um 0,2 Prozent gefallen, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden mit.

Des weiteren ist die Spannweite bei ausschließlicher Berücksichtigung von Tarifverträgen in einigen Branchen im Dezember 2014 um 5,7 Prozent gesunken, also vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro.

Die Tarifstruktur hat sich damit geändert und auch Schäden genommen, vor allem im Gastgewerbe, aber nicht nur dort. Im Gastgewerbe ist der Abstand zwischen den höchsten und niedrigsten Tarifverdiensten zwischen Dezember 2014 und Juni 2017 mit ?einem Minus von 7,2 Prozent am stärksten zurückgegangen.

Das Gastgewerbe zählt zu den wenigen Branchen, in denen Tarifverträge vor Einführung des Mindestlohns noch Verdienstgruppen unter 8,50 Euro vorsahen. Das gilt aber ebenso auch für die Land- und Forstwirtschaft, Fischerei mit einem Minus von 1,9 Prozent sowie in den Bereichen Erziehung und Unterricht mit einem Defizit von 1,2 Prozent, Verkehr und Lagerei mit einem Rückschritt um 1,1 Prozent und im Grundstücks- und Wohnungswesen mit einem Rückgang um ein Prozent.

In den „Niedriglohnbrachnen“ ist das Minus zwischen den Verdienstabständen sogar um einiges größer. Das gilt für Landverkehr und Transport von Rohrfernleitungen mit einem Minus von sogar drei Prozent sowie bei Wach- und Sicherheitsdiensten, Detekteien mit einem Rückgang von 1,1 Prozent. Gegenläufige Auswirkungen gab es aber auch.

So hat sich die Verdienststruktur von Tarifverträgen in denjenigen Branchen, die den Tarifvertrag des öffentlichen Bundes und der Gemeinden (TVöD) haben exakt in die andere Richtung entwickelt.

Dazu zählen Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung mit einem Plus von 0,3 Prozent, Wasserversorgung und Entsorgung mit einer Steigerung von 0,2 Prozent sowie die Energieversorgung mit einem kleinen Zuwachs um 0,1 Prozent. Dort ist der Abstand zwischen den Verdienstgruppen größer geworden.

Viele positiven Entwicklungen durch den Mindestlohn

Duisburg, 21. Juni 2017

Duisburg, 04. Juli 2017

Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hat sich für viele Beschäftigte sehr positiv entwickelt, nicht nur weil jetzt mehr Geld im Portemonnaie ist. Das ist das zentrale Resultat einer neuen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der renomierten Hans-Böckler-Stiftung. Dagegen blieben befürchtete Preissteigerungen oder drastische Beschäftigungsverluste komplett aus.

Dafür haben die Wissenschaftler detaillierte Befragungsdaten von mehr als 340 Beschäftigten ausgewertet, die 2014 weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdienten und nach dem 1.1. 2015 im gleichen Job weiterarbeiteten. Die Daten stammen aus dem Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS), für das die Bundesagentur für Arbeit repräsentativ ausgewählte Niedriglohnbeschäftigte jedes Jahr befragt.

Des weiteren hat der Mindestlohn auch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Arbeitszufriedenheit von Niedriglohnbeschäftigten geführt.

So stieg der Stundenlohn der befragten Niedrigstverdiener von 2014 zu 2015 beträchtlich von durchschnittlich 6,70 Euro brutto pro Stunde auf im Mittel 8,20 Euro. Der Mittelwert unterhalb von 8,50 Euro zeigt zwar, dass der Mindestlohn im Jahr seiner Einführung noch nicht überall gezahlt wurde.

Die Verbesserung um gut 22 Prozent übertraf trotzdem das durchschnittliche Lohnwachstum in der Vergleichsgruppe (3,7 Prozent) um ein Vielfaches.

Somit stieg demnach naturgemäß ebenfalls der durchschnittliche monatliche Verdienst der Mindestlohn-Beschäftigten spürbar, so von durchschnittlich 839 auf 994 Euro an. Ebenso ging der Anteil der Beschäftigten mit überlangen Arbeitswochen von mehr als 45 Stunden deutlich zurück.

Eine Befürchtung der Ökonomen vor der Einführung des Mindestlohns hat sich allerdings nicht bewahrheitet: Drastische Beschäftigungsverluste sind bisher ebenso ausgeblieben wie dadurch bedingte drastische Preissteigerungen. 

Deutliche Unterschiede beim Mindestlohn in Europa

Duisburg, 11. Februar 2017

Duisburg, 14. März 2017

Am 01. Januar 2017 gab es in 22 der noch 28 Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union (EU) einen gesetzlichen Mindestlohn. Einheitlich ist dieser allerdings nicht, denn es existieren erhebliche Unterschiede. Wie Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union (EU) in Luxemburg mitteilte variieren die Einkommen durch den Mindestlohn zwischen 235 und 1.999 Euro.

In Dänemark, Finnland, Italien, Schweden, Österreich und Zypern existiert überhaupt kein gesetzlicher Mindestlohn.

In den osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU liegt dieser sogar unter 500 Euro. So in Bulgarien mit 235 Euro, Rumänien mit 275 Euro, Lettland und Litauen mit jeweils 380 Euro, in der Tschechischen Republik mit 407 Euro, Ungarn mit 412 Euro, Kroatien mit 433 Euro, der Slowakei mit 435 Euro, Polen mit 453 Euro und Estland mit 470 Euro.

Auch in Portugal mit 650 Euro, Griechenland mit 684 Euro, Malta mit 736 Euro, Slowenien mit 805 Euro und in Spanien mit 826 Euro kommt man mit dem gesetzlichen Mindestlohn auf ein Einkommen von unter 1.000 Euro.

Dagegen liegt der gesetzliche Mindestlohn in den westlichen Mitgliedsstaaten bei über 1.000 Euro, wie im Vereinigten Königreich mit 1.397 Euro, Frankreich mit 1.480 Euro, Deutschland mit 1.498 Euro, Belgien mit 1.532 Euro, den Niederlanden mit 1.552 Euro, Irland mit 1.563 Euro und in Luxemburg mit 1.999 Euro. Damit liegt der Mindestlohn in Luxemburg neun Mal höher als in Bulgarien oder Rumänien.

Als Hauptgrund für diese deutlichen Differenzen sind natürlich in den Preisunterschieden und den daraus resultierenden Kaufkraftstandards der verschiedenen Mitgliedsländern zu suchen. Nach einer Berechnung der Luxemburger Statistiker liegt der tatsächliche Abstand zwischen den Mitglidsstaaten demnach bei maximal eins zu drei. Seit 2008 ist der gesetzliche Mindestlohn übrigens nur in Griechenland gesunken.

In Rumänien und Bulgarien ist der gesetzliche Mindestlohn zwischen 2008 und heute sogar um rund 100 Prozent angestiegen. Gemessen am durchschnittlichen Einkommen in den verschiedenen Staaten lag der gesetzliche Mindestlohn 2014 in Frankreich und Slowenien mit 62 und in Portugal mit 64 Prozent sogar bei über der Hälfte des Normaleinkommens. Immerhin lag der gesetzliche Mindestlohn in Malta mit 48 und im Vereinigten Königreich mit 49 Prozent knapp bei der Hälfte der existierenden Medianverdienste.  

Befristete Beschäftigung hat zugelegt

Duisburg, 20. Dezember 2016

Duisburg, 22. Dezember 2016

Befristete Arbeitsverträge scheinen heute oftmals Normalität und für viel zu viele auch Realität zu sein. Besonders Beschäftigte, die unter 35 Jahre als sind, sind davon betroffen. Nahezu jeder Fünfte aus dieser Altersgruppe hat aktuell einen befristeten Arbeitsvertrag wie die renommierte Hans Böckler Stiftung feststellte. Auszubildende, Praktikanten oder Umschüler sind da schon bereits herausgerechnet.

Insgesamt sind mehr als 60 Prozent aller befristet Beschäftigten aus der Altersklasse der unter 35 Jahre alten und damit auch von den Nachteilen dieser atypischen Beschäftigungsform betroffen.

Die aktuelle Untersuchung der Hans Böckler Stiftung ergab, dass befristet Beschäftigte in der Regel deutlich niedrigere Nettoeinkommen als gleich alte Arbeitnehmer mit unbegrenztem Vertrag haben. Eine weitere Folge ist demnach auch, dass sie damit eben auch doppelt so häufig von Armut bedroht sind.

Dagegen sind junge Beschäftigte in befristeten Arbeitsverhältnissen sind zudem seltener verheiratet und haben deutlich weniger Kinder als unbefristet Beschäftigte.

Die Qualifikationsprofile  junger befristet Beschäftigter zeigt, dass Personen ohne Berufsausbildung und Universitätsabsolventen gleichermaßen häufiger befristet beschäftigt sind als Absolventen einer dualen Berufsausbildung oder mit Fachhochschulabschluss.

Ebenso liegt das Einkommen befristet Beschäftigter auch mit einer Vollzeitstelle oftmals unter 1.100 Euro netto. Damit bewegt sich der Brutto-Stundenverdienst ungefähr auf Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.

„Der offenkundige Nachteil einer befristeten gegenüber einer unbefristeten Beschäftigung besteht darin, dass die Betroffenen mit erheblicher Planungsunsicherheit konfrontiert sind, die sich auch lebensweltlich auswirkt. Häufige Stellenwechsel, zum Teil verbunden mit Ortswechseln, erschweren die Bildung stabiler Partnerschaften. Und Kinder kosten Geld, daher dürften viele Paare die Realisierung ihres Kinderwunsches aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheit verschieben“ fasste WSI-Sozialexperte Dr. Eric Seils die Situation junger Menschen mit befristeter Beschäftigung zusammen.

Eine Million Minijobs unter Mindestlohn

Duisburg, 09. Juli 2016

Duisburg, 12. Juli 2016

Seit dem 01. Januar 2015 gibt es den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde in Deutschland. Vier Monate nach Einführung wurden rund 1,9 Millionen Beschäftigungsverhältnisse gezählt, die unter den gesetzlichen Mindestlohn fielen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) errechnete werden allerdings bei rund einer Millionen Jobs der gesetzlich festgelegte Stundenlohn nicht bezahlt.

Vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns waren es allerdings noch rund vier Millionen Beschäftigungen für die weniger pro Arbeitsstunde bezahlt wurde.

Mehr als die Hälfte der Jobs mit Mindestlohn waren geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, sogenannte Minijobs, isngesamt rund 1,1 Millionen. In Teilzeit wurden 0,5 Millionen Jobs ausgeübt, in Vollzeit 0,3 Millionen.

Frauen waren dabei mit 61 Prozent und somit 1,2 Millionen der Jobs mit Mindestlohn beteiligt, Männer dagegen mit 39 Prozent oder 0,7 Millionen. Auf Westdeutschland und die „alten“ Bundesländer entfielen mit 1,4 Millionen und somit vier Prozent aller Jobs, auf Ostdeutschland und die „neuen“ Bundesländer entfiel mit 0,5 Millionen gut ein Viertel der Jobs mit Mindestlohn.

Im Durchschnitt wurden in Jobs mit Mindestlohn weniger Arbeitsstunden bezahlt als in Jobs unterhalb des Mindestlohns. Vollzeitbeschäftigten mit Mindestlohn wurden im April 2015 im Durchschnitt 36,3 Wochenstunden bezahlt. Das sind rund neun Prozent weniger Stunden als bei Vollzeitbeschäftigten unterhalb des Mindestlohnniveaus im April 2014 mit 40,1 Stunden.

Vollzeitbeschäftigte mit Mindestlohn verdienten im April 2015 im Durchschnitt monatlich rund 1.340 Euro brutto, Vier Prozent mehr als Vollzeitbeschäftigte unterhalb des Mindestlohnniveaus ein Jahr zuvor.

Von den rund einer Millionen Jobs, bei denen der Mindestlohn nicht ausbezahlt wird, sind häufig gesetzlich davon befreit und ausgenommen. Dazu gehören zum Beispiel Langzeitarbeitslose, bestimmte Personen unter 18 Jahren, Zeitungszusteller oder Beschäftigte unter bestimmten Tarifverträgen. 

Geringverdiener profitieren vom gesetzlichen Mindestlohn

Duisburg, 16. Juni 2016

Duisburg, 22. Juni 2016

Von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns haben Geringverdiener in Deutschland profitiert zum Teil sogar deutlich. So gab es zum Beispiel bei Frauen im ostdeutschen Handel und Gastgewerbe sogar zweistellige Zuwächse bei den Stundenverdiensten wie das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) in einer aktuellen Untersuchung feststellte.

Demnach entstanden neue Arbeitsplätze besonders als sozialversicherungspflichtige Stellen.

Der Mindestlohn wurde deutschlandweit im Januar 2015 mit 8,50 Euro pro Stunde eingeführt. Im Vergleich zu anderen westlichen Nachbarländern ist diese Marke allerdings eher gering. Dafür profitieren in Deutschland mit 18,9 Prozent wesentlich mehr Niedriglöhner als in anderen EU-Ländern, denn in diesen Ländern waren meist deutlich unter zehn Prozent betroffen.

Nach einer Berechnung des IAQ verdienten 2013 allerdings rund 6,3 Millionen der abhängig Beschäftigten dafür weniger als 8,50 Euro pro Stunde. Probleme sehen die IAQ-Forscher allerdings mit der Umsetzung des Mindestlohns, da der Mindestlohn anscheinend überwiegend durch falsche Arbeitszeit-Aufzeichnungen umgangen wird. Oder auch unbezahlte Überstunden nicht berechnet und bezahlt werden, und auch vor allem die Bezahlung von Urlaub, Feier- und Krankheitstagen entfallen.

„Das belegt ausdrücklich: Der Mindestlohn ist bei vielen Geringverdienern angekommen. Die Beschäftigung wächst weiter und kein Trendbruch ist erkennbar!. Viele Betriebe nutzen den rechtlichen Sonderstatus der geringfügig Beschäftigten, um diese gesetzeswidrig anders zu behandeln. Daher muss eine Reform der Minijobs auf die Tagesordnung gesetzt werden“, forderte der Wissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) und fasste die Ergebnisse der Untersuchung zusammen.